15.07.2010

Zelte in der Stadt - Eine Aktion von Studierenden und Absolventen aus dem Atelier Prof. Georg Winter

Beginn der Zeltstadt: 25. Juli 2010 - Abbau: 4. August 2010


 

Wer macht hier was? Der Zustand eines Orts ist eng geknüpft an menschliche Aufenthaltsformen: an die möglichen und unmöglichen, an die angebotenen, verbotenen und tatsächlich ausgeübten. Wer was hier macht verhandelt den Raum.

 

Ausgehend von einem puren Sich-Aufhalten - Tag und Nacht - wollen wir den Ort erkunden, mit seinen Oberflächen und Grenzen. Zu diesem Zweck bedienen wir uns der einfachsten Behausungsmöglichkeit: dem Zelt. Als Raumkonstruktion ist das Zelt in seiner Nutzung erst einmal ganz offen: Als  Schutzraum ermöglicht es Aufenthalt, Dauer und eine bestimmte Form von Präsenz.

 

 

In einer Gruppe von acht tauchen wir auf und beginnen mit dem Aufbau von Zelten und deren Möblierung. Über den Projektzeitraum hinweg werden wir in flexibler Besetzung an diesem Platz präsent sein. Zu den Aktivitäten gehören, neben dem kontinuierlichen Ausbau der Zeltstadt, auch alltägliche Betätigungen wie Schlafen, Kochen und Essen: Als hochspezifische Formen von Aufenthalt gehören diese Beschäftigungen unbedingt zur Forschungstätigkeit.

 

Im Verlauf der Tage geht es dann darum, diese Kernzone zu einer Zone zu erweitern. Beginnend mit einem Basiszelt  wollen wir organisch und skulptural in die Stadt hineinwachsen. An- und Ausbauten machen den Prozess  anschaulich: Jeden Tag kommt ein Zelt dazu. Jeden Tag steht ein Zelt mehr.

 

denkbar sind:

3-4 Schlafzelte

1 Aufenthaltszelt

1 Küchenzelt

1 Vorlesezelt

1 Verleihzelt

1 mobiles Zelt

1 Musikzelt

1 Bürozelt

1 Museumszelt

 

Mit unserem Aufbau formulieren wir auch ein Angebot an die Bewohner, an die Passanten: sich mit uns dort aufzuhalten, sich von uns aufhalten zu lassen. Unsere Neuverhandlung des gegebenen Raums zielt darauf ab, eine Situation zu schaffen, eine Ausgangslage mit Offenheit und Dynamik.

 

Während sich die Zelte zu einer Siedlung und einer Stadt in der Stadt verbinden, dehnt sich unser Wirk- und Aufenthaltsradius aus: Aktionen und Forschungsexpeditionen bewegen sich in den Umraum und bringen Ergebnisse und Fundstücke mit zurück. Dadurch verändern sich auch die Atmossphäre und die Lage im Basiscamp, es entsteht gegenseitiger Austausch.

 

Als erster Einstieg in den Stadtteil, als erster Kontakt, als erste Aufmerksamkeitsquelle dient (im Vorfeld des Projekts) ein Sammelaufruf im Stadtteil: Über Inserate in örtlichen Kleinzeitungen und Plakate erbitten wir Materialspenden in Form von Zelten (auch defekte), Zeltteilen, Zeltzubehör und Garten- bzw. Klappmobiliar.

 

Dabei ist es uns wichtig, den programmatischen Ansatz zu betonen: Wir verarbeiten Material vom Ort selbst, wir wünschen uns Unterstützung und Interesse, einen Vertrauensvorschuss von den Anwohnern. Auf diese Weise entsteht eine erste greifbare und ganz konkrete Verbindung zwischen dem Stadtteil und der Zeltstadt, dem fein umhüllten, belebten Raum.

 

Je nachdem, wie die abschließende Ausstellung konzipiert ist, wäre auch ein Teil in der Zeltstadt denkbar; als oder mit unserem Beitrag könnten wir weiter vor Ort präsent sein und mit uns die organisch-durchlässige Behausungsplastik.