05.10.2015

VvsV - Querulanten / Hylobaten, Higher Education Völklingen 2007 – 2015

Ausstellung von Studierenden und Absolventen aus dem Atelier von Prof. Georg Winter, Städtische Galerie in Villingen-Schwenningen, Eröffnung: 10. Oktober 2015, 17 Uhr, Ausstellungszeitraum: 11.10. - 6.12.2015


Konstantin Felker: Zaun, Foto: Konstantin Felker

Pressemitteilung von Prof. Georg Winter

 

Die Ausstellung der Studentinnen und Studenten, Absolventinnen und Absolventen der Dependance Bildhauerei / Public Art, Prof. Georg Winter mit über 40 Beteiligten in der Städtischen Galerie Villingen – Schwenningen vom 11.10. – 6.12.2015 zeigt nach einer intensiven Projektphase vor Ort, Raumsituationen, Installationen, Videos, Zeichnungen, Objekte, Interventionen, Kooperationen, Dokumentationen in einer Dichte, wie sie für die künstlerische Arbeit der HBK Dependance Völklingen steht.

 

‚VvsV’ ist keine Abkürzung wie beispielweise ‚VuV’ (Verein ungarischer Vorsteherhunde). VvsV ist eine Formel. Bei der Verwendung von Formeln wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Beteiligten sich vorher über die Zeichen ihre Bedeutung und Verwendung geeinigt haben. Bei VvsV ist das nicht der Fall. VvsV ist ähnlich wie im Roman ‚V’ von Thomas Pynchon eine Suchformel, die sich Übereinkünften annähert, sowie aus Übereinkünften entfernt um nicht entschlüsselt zu werden. Formuliert wurde Sie von Studetinnen, Studenten, Absolventinnen, Absolventen der HBK Saar (Hochschule der Bildenden Künste Saar), im Zusammenhang der Einladung zu einer Ausstellung in der Stadtgalerie Villingen-Schwenningen. Alle Beteiligten haben oder hatten eine Verbindung zur Dependance der HBK im Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Die Dependance wird von Prof. Georg Winter seit 2007 im Fachbereich Bildhauerei, Public Art betreut und ist neben dem Europäischen Zentrum für Promenadologie, eine „Hütte“ des künstlerischen Experiments und vieler Fragestellungen in Kunst und Gesellschaft. Das S_A_R Projektbüro und die AG AST (Arbeitsgemeinschaft Anastrophale Stadt) sind international im Einsatz. So könnte eine differenzierte Annäherung an die Formel mit zwei Positionen beginnen:

1.: Völklingen-Villingen-Schwenningen-Völklingen

2.: Völklingen versus Völklingen

 

1. Der Ortswechsel in eine Doppelstadt zeigt eine neue Perspektive auf und führt wieder zurück an den Ausgangsort, wobei sich alles geändert hat, die Beteiligten, die Wege, die Ausgangssituation, die Doppelstadt, die künstlerischen Positionen.

2. Eine Autoimmunreaktion, V versus V, ein Institut greift sich selbst an. Eine Ausstellung, eine Ortsverschiebung um den eigenen Zustand in Frage und zur Disposition zu stellen. Ein Modell zur Wirklichkeitskonstruktion.

 

Formulieren Sie zuerst sprachlich in dem Sie das kleine ‚s’ mit der Zunge in den stimmhaften mit Unterlippe und Zähnen gebildeten Reibelaut ‚V’ einschieben. So wird bei der Aussprache der stimmhafte labrodentale Frikativ mit einem kleinen ‚s’ differenziert: ...VvsVVvsVVvsVVvsV... Versuchen Sie den Ausstellungstitel ‚VvsV’ klar und deutlich auszusprechen und mit den Händen ein ‚V’ Zeichen darzustellen. Wichtig ist dabei, dass die Handinnenfläche nach Außen zeigt: Victory! Das Victory-Zeichen ist eine Handgeste, bei der, der Zeige- und Mittelfinger zu einem ‚V’ ausgestreckt werden, während der Ringfinger und der kleine Finger eingezogen bleiben. Der Daumen wird über die beiden Finger gelegt, die Handinnenseite zeigt vom Ausführenden weg. Im 2. Weltkrieg führte die „V for Victory“ Kampagne der BBC zur Verwendung des ‚V’s (Morsecode für V ist: dreimal kurz einmal lang) zum Einsatz des Kopfmotives von Beethovens Schicksalssymphonie (5. Sinfonie): Da Da Da Daaaaa....VvsV......

 

Querulanten

„Diejenigen Parteyen, welche sich der vorgeschriebenen Ordnung nicht unterwerfen, sondern entweder Collegia und deren Vorgesetzte mit offenbar grundlosen und widerrechtlichen Beschwerden gegen bessere Wissenschaft und Überzeugung belästigen; oder nachdem sie ihres Unrechts gehörig bedeutet worden, mit ihren Klagen dennoch fortfahren, (…) sollen als muthwillige oder boshafte Querulanten angesehen, ihnen der Prozeß gemacht, und über ihre Bestrafung rechtlich anerkannt werden.“

§ 30 der Allgemeinen Gerichtsordnung für die Preussischen Staaten vom 6. Juli 1793

Der Begriff ‚Querulanten’ erfährt in diesem Projekt eine anastrophale Wende seiner ursprünglich negativen Bedeutung. Wer den Fährmann (Charon) sieben Jahre über die Saar begleitet hat wie das S_A_R Projektbüro der Dependance der HBK Saar im Weltkulturerbe Völklinger Hütte und zwischen Skylla und Charybdis einen Weg fand, sieht in der Querulanz die eigentliche Aufgabe der Künste. Sich nicht stromabwärts treiben lassen um von der Quelle aus endlich die Unverbindlichkeit der Mündung zu erreichen, sich nur bedingt gegen den Strom, von der Mündung aus zur Quelle (Hölderlin, Der Ister) flussaufwärts zu arbeiten, findet die Kunst ihre Erfüllung in der Querung. Sie kennt die Gefahren der beiden festen Uferseiten. Sie kennt das Treiben mit dem Strom und den Kampf gegen den Strom. Die Querung verbindet die zwei Seiten mit dem Fluß. Sie nutzt gleichzeitig Strom und Gegenstrom und verlässt sich nicht auf eine der beiden Seiten. Die Querulanz ein Zustandsraum.

 

Hylobaten

Der Name Hylobaten ist eine Ableitung der Hylobatidae, dem lateinischen Namen der Gibbons. Hylobatidae bedeutet wörtlich „Waldgänger“. Gibbons sind tagaktive Waldbewohner, die mit ihren langen Armen und den weit unten ansetzenden Daumen perfekt an die hangelnde Lebensweise angepasst sind. Sie schwingen durch die Bäume und können mit einem einzigen Schwung 3 m zurücklegen. Auf dem Boden bewegen sie sich zweibeinig. Sie haben eine besondere Art sich den Raum zu erschließen. Bei VvsV sind die Hylobaten eine Gruppe von Leuten, die sich aus der urbanen Kunstpraxis in den Wald begeben haben und sich am Rand, Stadtrand, Waldrand und inmitten des Waldes aufhalten um künstlerische Arbeiten zu Realisieren. Die Hylobaten arbeiten an den Übergängen ruraler und urbaner Strukturen, hangeln sich durch den Raum. „Der roheste und knechtischste Zustand der menschlichen Gesellschaft wird gleichwohl durch gewisse feste, allgemeine Regeln geordnet.“ Edward Gibbon (1737-1794)

 

Higher Education Völklingen 2007 – 2015

Wenn in diesem Zusammenhang „V“ für Völklingen steht, meinen wir die Dependance der HBK Saar (Hochschule der Bildenden Kunst Saar) in der Handwerkergasse inmitten des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, einem ehemaligen Stahlwerk. „V“ verbindet die Ateliers, Seminarräume, Bibliothèque Nationale Völklingen, Werkstätten, Übungsräume, Archiv, Freiräume einer von Georg Winter (Professor für Bildhauerei, Public Art und den Masterstudiengang M PAD (Public Art, Public Design) betreuten realen Hochschulutopie. S_A_R Projektbüro und AG AST Arbeitsgemeinschaft Anastrophale Stadt verbinden Forschung, künstlerische Praxis, fächer- und hochschulübergreifende Projekte mit den gesellschaftlichen Zuständen.

 

S_A_R Projektbüro

Skulptur, Stadt, Space, Social Research, Sun, Selforganizing,...

Aktion, Art, Architektur, Andere Räume, ...

Recherche, Raum, Rescue, ...

 

S_A_R steht in Anlehnung an das Kürzel der internationalen Rettungskräfte SAR (search and rescue) für das im Oktober 2007 von Georg Winter mit seinen Studentinnen und Studenten gegründete Projektbüro. Das S_A_R Projektbüro sieht seine Aufgabe in der Frage nach gesellschaftlich relevanten Arbeitsfeldern für künstlerische Vorhaben und Methoden, deren inhaltliche Recherche, Koordination und Realisierung. Zahlreiche Hochschulen und Fächer übergreifende Projekte wurden realisiert wie beispielsweise: „Planning Unplanned“ mit der TU Wien, urgent urban ambulance / uuuuuuuaaaah! Projektraum des Deutschen Künstlerbundes, Berlin‚ AG AST Arbeitsgemeinschaft Anastrophale Stadt’ in Mannheim mit zeitraumexit „Wunder der Prärie“ oder „Mullaemolla“ mit Think ll do in Seoul, Völklingen, Eindhoven, „Perspektiven der Flucht in einer flüchtigen Gesellschaft“ mit der HTW Saar und dem Roma Büro Freiburg e.V.

Die Dependance der Hochschule der Bildenden Künste Saar in der Handwerkergasse des Kulturwelterbes Völklinger Hütte, in Völklingen ist Basisstation, Einsatzzentrale, Recherchezentrum sowie Residency des ‚Artist survival camp’.

 

AG AST, Minor Alexander, Barbara Billy Bürckner, Marion Cziba, Hyun Ju Do, Frédéric Ehlers, Richard Engel, Jan Engels, Cornelia Fachinger, Konstantin Felker, Jochen Follmar, Anna Kautenburger, Katrin Lambert, Hanguk Lee, Naomi Liesenfeld, Jules Meiser, Hanna Mevis, Bongjung Oh, Hyunho Park, Paulette Penje, Timo Poeppel, Julia Rabusai, Claudia Raudszus, Nora Veneranda Roedelstuertz, Lila Rose, Lisa Marie Schmitt, Türkten Türkmen, Wanderley Viera, Na Wang, Martina Wegener, Georg Winter, Veronika Wünsch, Nina Zarkh, S_A_R Projektbüro

 

VvsV

Querulanten / Hylobaten Higher Education Völklingen 2007-2015

11. Oktober bis 6. Dezember 2015

Städtische Galerie Villingen-Schwenningen 'Lovis-Kabinett' Stadtbezirk Schwenningen, Friedrich-Ebert-Str. 35, 78054 Villingen-Schwenningen

Tel. 07720/82-1098 Fax 07720/82-1097

galerie@villingen-schwenningen.de

galerie.villingen-schwenningen.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10-12 und 14-17 Uhr, Montag geschlossen

 

Die Stadt Villingen-Schwenningen lädt Sie und Ihre Freunde zur Eröffnung der Ausstellung V vs V in der Städtischen Galerie 'Lovis-Kabinett' im Stadtbezirk Schwenningen am Samstag, dem 10. Oktober 2015, um 17 Uhr, herzlich ein.

Es sprechen Dr. Rupert Kubon, Oberbürgermeister Wendelin Renn, Städtische Galerie, Prof. Georg Winter, Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken.

 

Planet Dance Ensemble

Das legendäre Planet Dance Ensemble tritt am Sonntag den 11. Oktober 2015 um 11 Uhr auf. Ort ist das Umfeld der Städtischen Galerie und dem Bahnhofs-Vorplatz, Stadtbezirk Schwenningen.

 

Führung und Galeriegespräch am Sonntag, dem 18. Oktober 2015, 11 Uhr, mit Dr. Anja Rudolf, Kunsthistorikerin.

 

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog des S_A_R Projektbüros Völklingen, gestaltet von MMM: Martha Bayer, Muriel Serf und Manuel Wessely, mit Beiträgen, der an der Ausstellung beteiligten Künstlerinnen und Künstler sowie Mirjam Bayerdörfer und Max Grau. 

 

VvsV_Einladung_2015.pdf32 K