zurück

von Prümmer, Stephan: "Stromlinie" - Von der Grafik inspiriert


Hullmann, Harald (Prof.)    Produktdesign    Diplom  2010 SS  

 

Als die Fachzeitschrift Form im Juli 2008 titelte: „Möbel werden grafisch“, beschrieb sie damit einen Trend, dem sich einige Vertreter des Interior Design wie auch anderer Gestaltungsrichtungen, etwa der Architektur, aber auch der Mode, in den letzten Jahren immer stärker zuwenden. Möbel und Raumkonzepte von Zaha Hadid sind ein Beispiel dafür wie Oberflächen und Kanten im Entwurf als Flächen und Linien betrachtet werden, die sich aus der 2. Dimension herausentwickeln und zu einer räumlichen Grafik avancieren.

Zumeist versteht man unter dem Begriff grafisch im Interior Design aber eben hauptsächlich dieses besondere Spiel von Linien und Flächen, einer Formensprache, die vornehmlich aus der Grafik bekannt ist oder gelegentlich noch das Einbeziehen von Typographie in Möbel- oder Raumkonzepte. Doch hat das Grafikdesign noch wesentlich mehr Gestaltungsmittel und ästhetische Eigenheiten, die man ins Interior Design übernehmen könnte.

Im Rahmen dieses Projektes wurden einige solche Besonderheiten der grafischen Gestaltung genauer betrachtet und unter dem Aspekt einer möglichen Übertragung in das Interior Design analysiert. Anders als man es wohl normalerweise macht wurde dabei der Raum nicht als Raum, sondern als ein Bild, ja eben als eine Grafik betrachtet. Wie kann man Überlagerungen von Bildeinheiten schaffen, durch Beleuchtung oder Materialien Filter über einzelne Objekte oder Ensembles legen? Wie könnte man spannungsreiche Linienzeichnungen mit Kabeln, Leitungen, Kanten und Fugen setzen?

 

Die Linie im Raum

 

Zwar arbeiten Wissenschaftler und Unternehmen schon mit Hochdruck an der kabellosen Stromübertragung über größere Distanzen per elektromagnetischen Feldern und Funkwellen, doch sehen die Prognosen eine Marktfähigkeit dieser Technologien erst in ca. 10 Jahren voraus. Und selbst dann werden diese sie allem Anschein nach eher für Kleingeräte, die mit niedriger Spannung arbeiten, verfügbar sein. Die Stromversorgung über ein Kabel, das sich von Steckdose zu Elektrogerät schlängelt bleibt vorerst der Standart. Dass sich die Steckdose dabei selten dort befindet, wo man sie gerade brauchen könnte, verdeutlicht der allzuhäufige Einsatz von Verlängerungs- und Mehrfachsteckdosen, die zumeist auf dem Boden liegen und ein Bündel Kabel in alle Richtungen verteilen. Eine Tatsache, mit der man sich abgefunden hat, aus Ermangelung an Alternativen, die sich jedoch mit unserem Wunsch nach einem geordneten und ansehnlichen zu Hause selten verträgt.

Auch andere Kabel und Leitungen wie etwa Netzwerkkabel, Telefonkabel, Sattelitenanschlusskabel und viele mehr, durchziehen unsere Räumlichkeiten.

 

Anstatt ein Kabel als störendes Objekt im Raum zu sehen, könnte das in diesem Projekt behandelte Vorgehen, den Raum als eine Grafik zu betrachten, eine völlig entgegengerichtete Bedeutung schaffen. Die Wertigkeit des Kabels bei der Mitgestaltung des Wohnraums würde ins genaue Gegenteil verkehrt. Behandeln wir das Kabel als eine Linie so stellt sich nicht mehr die Frage, wie wir diese verstecken können. Die Frage lautet nun: wie gestalten wir diese Linie so, dass sie sich in das Bild einfügt, es vielleicht sogar aufwertet? Und natürlich: wie könnte ein Produkt aussehen, dass genau diese Wandlung vom Störfaktor zum multifunktionalen Gestaltungsobjekt ermöglicht?

 







zurück