zurück

Ebenhöh Mara: Körpernah


Winter, Georg (Prof.)    Freie Kunst  Bildhauerei/Public Art  Master  2016/2017 WS  

 

Die Ausstellung körpernah bespielt das Treppenhaus der Galerie HBKsaar und erstreckt sich über das Erdgeschoss, die Zwischenetage und den ersten Stock. Ein Treppenhaus dient in der Regel als Durchgangsraum, als Übergang zwischen Oben und Unten, Innen und Außen. Diese Situation spiegelt sich in den künstlerischen Arbeiten wider, sie erweitern das Zusammenspiel von Körper und Raum und gestalten das „Dazwischen“. Allen Werken liegt ein interaktiver Ansatz zugrunde, sie fordern Berührung und Nähe ein und erzeugen einen intimen Erfahrungsraum.

 

Nahbar

Die Nahbar ist ein offener, von allen Seiten zugänglicher Tresen, an dem die Ausstellungsbesucher in Empfang genommen werden, sich austauschen und verweilen können. Das Möbelstück dient als Platzhalter und Infopoint einer von der Künstlerin ins Leben gerufenen Initiative für Offenheit im öffentlichen Raum. Nahbar bewegt sich an der Schnittstelle von Kunst und Leben und versucht anhand von performativen sozialen Interventionen Begegnungsmomente zu schaffen – als Gegenentwurf zu Angst, Einsamkeit und Distanz.

 

Übergangsobjekte

Die Serie Übergangsobjekte besteht aus verschiedenen Soft Sculptures, die aus Unterwäsche genäht und mit Faserkügelchen gefüllt wurden. Die Objekte haben eine geschlossene Oberfläche, die ein Tunnelsystem im Inneren verbirgt und ihnen eine organische, weiche Form verleiht. Die Tunnel bestehen aus Ärmel und Beinen, die miteinander verbunden sind, oder sie entstehen durch Stülpungen des Materials. Die Objekte aus Unterhemden, Unterhosen oder Strumpfhosen deuten Intimität und Hautkontakt an und entfalten zugleich eine ungewohnte, seltsam anmutende Form. Durch die Interaktion, die sich mit einem Übergangsobjekt ergibt, entwickelt es ein Eigenleben: Körper und Raum werden in Beziehung zueinander gesetzt und infrage gestellt, sowohl nach außen hin, als auch im Inneren entstehen neue Formen, Übergänge und Begegnungen.

 

Garderobe

Die Installation besteht aus drei Fellmänteln, einem Lammfell mit Leoprint, einem Kunstfell und einem Wolfsfell. Die Mäntel können angezogen und in Szene gesetzt werden, sodass eine Interaktion entsteht. Die Garderobe verweist auf unsere Kleidung als zweite Haut, als Mittel des Ausdrucks und des Eindrucks. Sie bespielt einen zwischenmenschlichen Spannungsbereich, der durch den Pelz exzentrisch aufgeladen wird. Das eigene Auftreten rückt in den Fokus: Gehört „dick Auftragen“ und sich Präsentieren, Kokettieren und Frisieren in der Kunstszene zum Geschäft? Oder geht es vielmehr darum sich ein dickes Fell zuzulegen? Das Fell als sinnliches Material und Bedeutungsträger löst unterschiedliche Reaktionen und Empfindungen aus. Es hat eine wärmende, schützende und weiche, aber auch eine anzügliche, extravagante und sexuelle Konnotation.

 

Paternoster

Der Paternoster stellt eine räumliche und inhaltliche Verbindung zwischen den einzelnen Arbeiten der Ausstellung her. Die Installation ist im Erdgeschoss und im ersten Stock zugänglich. Sie erweitert den bestehenden Aufzug durch eine Trennwand, Vorhänge und Milchglasfolie. Die Trennwand kann über verschiedene Einschübe verändert werden, die unterschiedlich durchlässig sind und verschiedene Handlungs- und Kontaktmöglichkeiten eröffnen. Zwei Vorhänge vor den beiden Kabinen ermöglichen eine voneinander unabhängige Begehbarkeit, sodass die Besucher unerkannt bleiben können, je nachdem wann sie zu- beziehungsweise aussteigen. Die Raumsituation erinnert an einen Beichtstuhl, öffentliche Toiletten, Dusch- oder Umkleidekabinen. Der Intimität, die dort zwangsläufig aufkommt, soll im Alltag eine Trennwand entgegenwirken. Der Paternoster hingegen bespielt diese Grenze und fordert den Ausstellungsbesucher heraus sich auf ihr zu bewegen. Durch die Trennwand kann man unerkannt bleiben, ebenso halten die Vorhänge und die Milchglasfolie das Geschehen vor anderen verborgen. Diese Anonymität ermöglicht es, dem anderen nahe zu kommen, in eine Berührung zu gehen und Hemmungen abzulegen. Die Installation provoziert eine intime Begegnung beziehungsweise eine Entscheidung dafür oder dagegen. Der „Übergangsbereich“ zwischen Individuum und Umwelt liegt erneut im Fokus der Untersuchung.

 

 

 











zurück